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1. Planerstellung auf der untersten 2D-LeistungsstufeDer Vorfall mit dem Rundfunksender liegt viele Jahre zurück; die CAD-Entwicklung hat sich bei allen Herstellern um mindestens sechs Programm-Versionen verbessert und die Akzeptanz von Computer-Lösungen im Architekturbüro ist dramatisch gestiegen. Dazu hat natürlich auch die Bedienerfreundlichkeit der Systeme beigetragen, die nicht zuletzt auch durch Windows-Unterstützung realisiert werden konnte. Allerdings stehen sich dabei manchmal die Wünsche von CAD-Anfängern und -Virtuosen im Wege. Während sich der Neueinsteiger über logisch aufgebaute Menüs freut, fühlt sich der Experte davon eher gebremst. Er möchte für die Wandeingabe nicht über zwei verschachtelte Menüs gehen müssen, sondern diesen Befehl beispielsweise lieber über einen Tastendruck aktivieren. Über die gesamte Laufzeit eines Projektes gesehen, können durch umständliche Bedienung schnell mehrere Stunden verloren gehen. Am besten ist es darum, wenn die Software sich an den Anwender anpassen, gleichsam mitwachsen kann. Grundsätzlich wird ein Architekturbüro heutzutage kaum noch in eine CAD-Lösung investieren, die nicht über spezielle Architekturfunktionen verfügt. Das Zeichnen von Wänden in Form von mindestens zwei parallel verlaufenden Linien sollte inzwischen genauso selbstverständlich sein wie beispielsweise der automatisch generierte L- und T-(Innenwand-)Wandanschluß. Und natürlich sollten beim Einfügen von Öffnungen Wandlinien automatisch aufgebrochen werden und Maßketten selbständig auf Änderungen am Gebäude reagieren. Ebenso selbstverständlich sollten sich Raumfläche und -umfang zumindest halbautomatisch durch Abgreifen der Raumecken errechnen und in der Zeichnung einsetzen lassen. Trotz solcher Automatismen wird jedoch auf dieser Stufe fast noch genauso gearbeitet,
wie früher am Zeichenbrett. Solche CAD-Zeichnungen sind immer noch so konzipiert, wie sie
vom Plotter beziehungsweise Drucker auf Papier gebracht werden sollen. So sehr diese
Vorgehensweise auf den ersten Blick selbstverständlich und logisch erscheint, so
widersinnig ist sie jedoch in Anbetracht der Tatsache, daß auf diese Weise Geschosse
weiterhin nebeneinander und nicht übereinander erstellt werden können. Das ändert sich
erst mit dem Einsatz von dreidimensional arbeitenden CAD-Systemen. |
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2. Die dreidimensionale Konstruktion ist heute schon Standard ...... - zumindest was die technischen Möglichkeiten gängiger CAD-Systeme anbelangt.
Sind die notwendigen dreidimensionalen Eingaben gemacht, haben die Systeme dem Architekten
in Form von diversen Abfallprodukten einiges zu bieten: so gehört das Generieren von
Ansichten und Schnitten mittlerweile zum Pflichtprogramm gängiger Architekturpakete. Die
Darstellung von perspektivischen (Verdeckte-Linien)- Zeichnungen, fotorealistischen Bilder
oder gar Animationen stellt dagegen für viele Architekten auch weiterhin die Kür dar.
Aber die häufig als Spielzeug angesehenen bunten Bilder avancieren heutzutage immer
häufiger zu einem sehr wirkungsvollen Werkzeug bei der Akquise neuer Allerdings ändert sich bei der dreidimensionalen Projektbearbeitung auch die
Arbeitsweise gegenüber der konventionellen Planerstellung in vielfacher Hinsicht - der
Planer darf nun nämlich nicht mehr zeichnungsorientiert denken und arbeiten, sondern muß
gebäude- oder projektorientiert vorgehen. In Anbetracht der oben
genannten Visualisierungsoptionen oder einer angeschlossenen Massenermittlung, können
identische Geschosse in einem 3D-CAD-System nicht einfach weggelassen werden, während sie
im zweidimensionalen System nur alternativ beschriftet werden müssen. Und konsequent
angewendet, sind bei der Konstruktion eines dreidimensionalen Modells zu einem sehr
frühen Zeitpunkt bereits Angaben gefragt, die nach konventioneller Arbeitsweise noch
lange vernachlässigt werden könnten - gemeint sind zum Beispiel Brüstungs- und
Türhöhen, Fußboden und Deckenaufbauten oder lichte Raumhöhen und Trägerquerschnitte.
Gerade Büros, in denen Kopfarbeit (Entwerfen, Planen und Managen) und CAD-Eingabe nicht
integriert sind, werden sich mit diesem Umdenkprozess schwer tun (dieser Gesichtspunkt
wird unten noch einmal betrachtet Niemanden wird es deshalb verwundern, wenn 3D-Systeme lange Zeit nur von den wenigsten CAD-einsetzenden Architekten konsequent genutzt wurden - und immer noch eingesetzt werden? (Architekturbüros sind eben auch Wirtschaftsunternehmen!) Selbst engagierte Protagonisten fragen sich seit Jahren immer wieder, ob die paar genannten "Abfallprodukte", den notwendigen Mehraufwand bei der Eingabe tatsächlich rechtfertigen. Auf der Suche nach Methoden, die Produktivität und Attraktivität von High-End-Programmen zu steigern, wurden sogenannte "Objekte", also Bauteile, implementiert. Der Einsatz von Objekten kommt sowohl der zweidimensionalen Planerstellung als auch der dreidimensionalen Modellierung zugute und erlaubt eine stärkere Kopplung weiterführender Anwendungsbereiche an das CAD-System. Objekte werden die Kommunikation zwischen allen am Bau beteiligten Parteien revolutionieren. Damit wiederum rücken Möglichkeiten wie eine sinnvolle computergestützte Massenermittlungen, Wärmebedarfs- und Schallschutzberechnungen oder Facility Management-Anwendungen auf der Basis von CAD-Daten in greifbare Nähe. 3. Frischer Wind durch die Einführung von bauteilbezogenen ObjektenDer Unterschied zwischen einfachen 3D-Elementen und architekturspezifischen Objekten ist einfach zu erklären: In einem klassischen CAD-System werden Wände in der Regel in Form von zwei oder mehr Linien (2D) bzw. Polygonen oder einer Platte (3D) abgebildet - genauso wie Decken oder Dachflächen. Wandtypische Eigenarten wie Beschaffenheit, Wandanschlüsse, Wandaufbauten, konstruktive, statische oder bauphysikalische Regeln haben jedoch in der allgemeinen 3D-Struktur keinen Platz. Ist die Wand aber ein Objekt, dann können ergänzende Beschreibungen sowie Planungs- und Realisierungs-Regeln hinterlegt und bei Manipulationen berücksichtigt werden. Mit dieser Technik sind dann auch Automatismen möglich, die zum Beispiel eine
bestehende Ziegelwand im CAD-System aufbrechen, wenn sie von einer Stahlbetonwand gekreuzt
wird. Oder anders herum: werden später beispielsweise alle Stahlbetonwände in leichte
Gipskartonwänden umgewandelt (warum auch immer!?), dann können zumindest theoretisch
alle kreuzenden Ziegelwände automatisch geschlossen und die Gipskartonwände
dementsprechend aufgebrochen werden. Dabei muß sich der Anwender darüber im Klaren sein,
daß ein objektorientiertes CAD-Programm zwar prinzipiell über die hier beschriebenen
Funktionen verfügen könnte - diese müssen aber keineswegs tatsächlich implementiert
sein. Noch ein weiteres Beispiel, das die Leistungsfähigkeit von Objekten näher
erläutert: eine als Objekt erstellte Treppe könnte immer automatisch das richtige
Steigungsverhältnis ermitteln, notwendige Podeste einbauen, die Verziehungsregeln
berücksichtigen, beim Erreichen einer Mindest-Kopfhöhe die Generierung eines
Treppenloches veranlassen und auch ein kindgerechtes Geländer nicht vergessen. Und wenn
sich dann die Geschoßhöhe ändert oder der Antritt verlegt werden muß, wird das Objekt
"Treppe" darauf zu reagieren wissen sofern es entsprechend programmiert
wurde. |
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4. Auch komplexe Objekte werden im System als ein einziges Element behandelt
In der grafischen Anwendung fallen Objekte zunächst dadurch auf, daß sie sich am Bildschirm zwar aus vielen Elementen zusammensetzen, im System selbst aber nur als EIN Element behandelt werden - sich also als ein OBJEKT löschen, kopieren, bewegen, verziehen oder spiegeln lassen. Wie am Beispiel der Wand dargestellt, müssen Objekte aber nicht nur auf direkte Aktionen reagieren, sondern können sich auch dem Zustand des CAD-Systems anpassen. So orientiert sich die Detaillierungstiefe selbständig an dem Darstellungsmaßstab - am dem aktuellen oder fürs Plotten einzustellenden. Weiterhin können beispielsweise die unterschiedlichen Regeln, die es für die Darstellung von kombinierten Dreh-/Kippfenstern in Grundrissen, Schnitten, Ansichten oder Perspektiven gibt, ohne zusätzliche Eingaben automatisch berücksichtigt werden. Eventuelle Oberflächenbeschreibungen kommen darüber hinaus auch bei fotorealistischen Bildberechnungen oder Animationen zum Einsatz. Da Objekte die Zeichnungsinhalte für ein CAD-System transparent machen, lassen sich in objektorientierten Programmen Such- und Änderungsfunktionen realisieren, die in gleicher Form bislang nur bei Text- oder Datenbankprogrammen bekannt sind. So ist es etwa möglich, Objekte nach Kriterien wie Größe, Beschaffenheit oder Hersteller zu selektieren und dann gezielt auszutauschen, also beispielsweise alle einflügeligen Holzfenster ab einer Breite von 1,01 Meter gegen zweiflügelige Kunststoffenster. Dies läßt sich auch in modernen CAD-Systemen realisieren, weil diese mit Datenbanken arbeiten, in denen die verschiedensten objektspezifischen Zusatzinformationen hinterlegt sind beziehungsweise sich ansammeln können. Dadurch kann in Zukunft ein ursprünglich als CAD-Element konzipiertes Objekt zusätzlich auch von Kalkulations- oder AVA-Programmen weiterverarbeitet werden. Mehr noch, die Geometrie eines Objektes läßt sich in der Kalkulationstabelle oder im AVA-Programm modifizieren und diese Änderung wird umgekehrt wieder im CAD-Programm angezeigt.
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5. Die Topologie definiert die Beziehung
der Objekte untereinander Die Etablierung von Objekten wird durch die Berücksichtigung topologischer Gesichtspunkte noch unterstützt. Danach werden Objekte nicht mehr als einzelne Elemente betrachtet, sondern gehen untereinander Beziehungen ein. Sie können dadurch auf Manipulationen an ihren Partner-Objekten reagieren. Ein Fenster wird beispielsweise automatisch bewegt, gedreht oder gelöscht, wenn die entsprechende Wand bewegt, gedreht oder gelöscht wird. Dabei können Objekte an markanten Punkten verankert werden, so daß beispielsweise gewährleistet ist, daß eine Tür immer im Abstand von 75 Zentimetern von der Wandecke entfernt liegt - egal wann und wie die maßgeblichen Wände noch manipuliert werden. Anschlußwände korrigieren sich, wenn eine Wand verschoben oder ihre Dicke verändert wird und Giebelwände werden an jede neue Dachform automatisch angepaßt. Und Räume - übrigens ein sehr wichtiges Objekt - wissen schließlich, durch welche Wände sie begrenzt werden und welche anderen Räume an sie angrenzen. Objekte und Topologien sind bei CAD-Systemen prinzipiell allerdings gar nicht so neu;
zumindest die Objekt-Technologie wird in Ansätzen von den großen Anbietern der Branche
bereits seit Jahren in ihren Applikationen eingesetzt. Viele CAD-Anwender ignorieren dies
jedoch - vielleicht deshalb, weil sie befürchten, daß der Abstraktionsgrad von Objekten
noch höher ist, als der von puren 3D-Elementen? Zugegeben - Objekte sind nicht immer so
flexibel zu handhaben wie simple Strichzeichnungen. So kann die Linie eines Wandobjektes
nicht einfach unterbrochen werden, um etwa einen Schornstein einzubauen. Genauso wenig
läßt sich eine Innenwandecke mal eben abrunden, weil dadurch eine Wendeltreppe besser
passen würde. Für solche Probleme finden sich aber von Fall zu Fall geeignete
Lösungswege, sofern die AEC-Funktionen (Architectural and Engineering Computing) auf
einer soliden CAD-Basis aufsetzen. Wie bereits erwähnt (
... und natürlich werden vom objektorientierten System sofort auch alle korrelierenden Angaben in den Maßketten (incl. Öffnungs- und Brüstungshöhe) korrigiert; und die werden auch in einem Grundriß benötigt egal ob zwei- oder dreidimensional geplant.
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6. Objekte stellen die Basis für eine
perfekte Interoperabilität dar
7. Bauplanung wird ohne Einsatz von Computern nicht mehr möglich sein Konnten sich elitäre Architekturbüros bislang noch um die Einführung üblicher CAD-Systeme drücken, weil sich vergleichbare Resultate auch manuell herstellen ließen, so werden in Zukunft Planungs-Partner und Bauherren vom Architekten Daten abverlangen, die ohne Computereinsatz nicht mehr lieferbar sind. Objekte, IFC-Schnittstelle und Telekommunikation sind die Kriterien, die in Zukunft Maßstäbe setzen, an denen das CAD- beziehungsweise AEC-Angebot einerseits und die Planer andererseits gemessen werden. Zumindest auf Herstellerseite wurde die Situation erkannt und dementsprechend gehandelt. Auf Anwenderseite sieht die Situation allerdings noch etwas anders aus. Es gibt eine Faustregel, nach der 80 Prozent der Computer-Anwender nur 20 Prozent der Möglichkeiten wahrnehmen, die ihnen ihr System zur Verfügung stellt - die Fähigkeiten der Rechner-Lösungen verpuffen also an vielen Stellen. Der konsequente Einsatz des technisch Machbaren im bauspezifischen CAD-Bereich kann jedoch viele Standardaufgaben im Planungsbüro entscheidend erleichtern, etwa die Ermittlung von Wohnflächen und Rauminhalten, die Massenermittlung oder die Projekt-Dokumentation. Wenn der Planer mit der rasanten Entwicklung im EDV-Bereich mithalten kann und einmal erfaßte Daten mehrfach nutzt, werden sich ihm zudem völlig neue Betätigungsfelder eröffnen. So stehen beispielsweise sofort sämtliche Daten zur Verfügung, die für das Facility Management / Gebäudeverwaltung benötigt werden - so daß der Architekt dieses Anwendungsgebiet als Dienstleister vollständig übernehmen könnte. Oder er läßt sich lediglich vom Computer verschiedene Planungs- und/oder Darstellungsalternativen auswerfen:
Mit diesem Ausblick auf die bereits begonnene (R)Evolution des CAD/AEC-Einsatzes im Architekturbüro soll nicht der Wert von "simplen" 2D- und 3D-Funktionen geschmälert werden schon gar nicht soll einer gewissen Technikeuphorie Vorschub geleistet werden. Bei aller Leistungsfähigkeit kann doch mit Objekten nur solche Architektur modelliert und dargestellt werden, die das Softwarehaus vorgedacht und seinen Objekten eingebaut hat. Wenn beispielsweise das Objekt "Fenster" nur für quadratische, rechteckige, runde und halbrunde Öffnungen angelegt wurde, dann müßte man bei gotischen Spitzbögen passen sofern man nicht auf allgemeine Modellierfunktionen zurück greifen kann. Damit also auch in Zukunft Bauwerke durch den Architekten geprägt werden und nicht die Eigentümlichkeiten der Planungssoftware die Gebäude unterscheidbar machen ("Schau mal, das Haus wurde bestimmt mit "X" geplant und jenes mit "Y"), werden die simplen zwei- und dreidimensionalen Elemente und Funktionen auch weiterhin benötigt. Für die Beurteilung eines AEC-/CAD-Systems spielen sie auch weiterhin eine entscheidende Rolle. Auf die gute Mischung von leistungsstarken Basisfunktionen, neuer (Objekt-)Technologie UND den elektronischen Datenaustausch zwischen allen am Bau beteiligten Gruppen wird es in Zukunft ankommen. PS: Es soll noch einmal betont werden, daß die hier beschriebenen
Funktionen - z.B. die selbständige Einstellung auf den jeweiligen Maßstab (siehe letztes
Bild) - mit Hilfe von Objekten technisch realisierbar sind. Ob und in welchem Umfang diese
Möglichkeiten von dem jeweiligen Programm umgesetzt wurden, muß von Fall zu Fall
geprüft werden. |
© Alfons Oebbeke,
Neustadt 1997 - 2001 |