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  Ausschnitte veröffentlicht im AEC-Report 3/97

erste Fassung:
12.9.1997

 

 
Kapitelübersicht:

Planerstellung auf der untersten 2D-Leistungsstufe

Die dreidimensionale Konstruktion ist heute schon Standard

Frischer Wind durch die Einführung von bauteilbezogenen Objekten

Auch komplexe Objekte werden im System als ein einziges Element behandelt

Die Topologie definiert die Beziehung der Objekte untereinander

Objekte stellen die Basis für eine perfekte Interoperabilität dar

Bauplanung wird ohne Einsatz von Computern nicht mehr möglich sein
 

    


kursiv markierte Links verweisen auf GLOSSAR.de

 

 
2D lieber als 3D?

1988 suchte ein großer deutscher Rundfunksender nach einem CAD-System für seine Architekturabteilung, das dort gleich mit mehreren Arbeitsplätzen installiert werden sollte. Ein stolzer Auftrag für ein junges Unternehmen in einer noch jungen Branche. Um so größer war die Enttäuschung, als kurzerhand eine Absage erteilt wurde - und zwar mit folgender Begründung: "Ihre Software kann zuviel! Unsere Mitarbeiter fühlen sich jetzt schon überfordert."

Der Rundfunksender entschied sich schließlich für eine allgemeine 2D-CAD-Software ohne spezielle Architektur-Funktionen, um "den Transfer des konventionellen Arbeitsplatzes in einen modernen Computerarbeitsplatz besser nachvollziehen zu können". Der direkt auf das Papier gemalte Tuschestrich sollte eins zu eins auf die Computeranwendung übertragbar sein.

Dieser Vorfall löste beim angeschmierten CAD-Hersteller eine interessante Diskussion aus: Sollte die Leistungsfähigkeit einer Software beziehungsweise die Vielfalt ihrer Möglichkeiten nur in dem Maße sinnvoll sein, in dem sie von den betroffenen Anwendern bewältigt werden können? Welche strukturellen Anpassungen dürfen die Softwarehersteller von den Anwendern ihrer Software erwarten oder gar einfordern?

THESE: Der wahre Nutzen eines modernen, integrierten CAD-Systems stellt sich erst dann ein, wenn das gesamte Büro zum Teil grundlegende Umstellungen in Organisation und Arbeitsweise akzeptiert und durchführt!

Eines zumindest läßt sich heute schon mit großer Sicherheit sagen: konventionelle Vorbilder - und ganz speziell das Reißbrett - werden noch in diesem Jahrtausend als Vorbild für die Gebäudeplanung per Computer ausgedient haben.

Im folgenden geht es nicht darum, die besten Funktionen von CAD-Programmen aufzuzählen; vielmehr sollen die Sinne für Entwicklungen geschärft werden, die den AEC-Markt in Zukunft stark beeinflussen können. Gerade heute werden viele Weichen neu gestellt, und sowohl Entwickler als auch Anwender, die auf diese Veränderungen nicht reagieren, werden dies schon bald schmerzlich zu spüren bekommen.
 


 

1. Planerstellung auf der untersten 2D-Leistungsstufe

Der Vorfall mit dem Rundfunksender liegt viele Jahre zurück; die CAD-Entwicklung hat sich bei allen Herstellern um mindestens sechs Programm-Versionen verbessert und die Akzeptanz von Computer-Lösungen im Architekturbüro ist dramatisch gestiegen. Dazu hat natürlich auch die Bedienerfreundlichkeit der Systeme beigetragen, die nicht zuletzt auch durch Windows-Unterstützung realisiert werden konnte. Allerdings stehen sich dabei manchmal die Wünsche von CAD-Anfängern und -Virtuosen im Wege. Während sich der Neueinsteiger über logisch aufgebaute Menüs freut, fühlt sich der Experte davon eher gebremst. Er möchte für die Wandeingabe nicht über zwei verschachtelte Menüs gehen müssen, sondern diesen Befehl beispielsweise lieber über einen Tastendruck aktivieren. Über die gesamte Laufzeit eines Projektes gesehen, können durch umständliche Bedienung schnell mehrere Stunden verloren gehen. Am besten ist es darum, wenn die Software sich an den Anwender anpassen, gleichsam mitwachsen kann.

Grundsätzlich wird ein Architekturbüro heutzutage kaum noch in eine CAD-Lösung investieren, die nicht über spezielle Architekturfunktionen verfügt. Das Zeichnen von Wänden in Form von mindestens zwei parallel verlaufenden Linien sollte inzwischen genauso selbstverständlich sein wie beispielsweise der automatisch generierte L- und T-(Innenwand-)Wandanschluß. Und natürlich sollten beim Einfügen von Öffnungen Wandlinien automatisch aufgebrochen werden und Maßketten selbständig auf Änderungen am Gebäude reagieren. Ebenso selbstverständlich sollten sich Raumfläche und -umfang zumindest halbautomatisch durch Abgreifen der Raumecken errechnen und in der Zeichnung einsetzen lassen.

Trotz solcher Automatismen wird jedoch auf dieser Stufe fast noch genauso gearbeitet, wie früher am Zeichenbrett. Solche CAD-Zeichnungen sind immer noch so konzipiert, wie sie vom Plotter beziehungsweise Drucker auf Papier gebracht werden sollen. So sehr diese Vorgehensweise auf den ersten Blick selbstverständlich und logisch erscheint, so widersinnig ist sie jedoch in Anbetracht der Tatsache, daß auf diese Weise Geschosse weiterhin nebeneinander und nicht übereinander erstellt werden können. Das ändert sich erst mit dem Einsatz von dreidimensional arbeitenden CAD-Systemen.
 


 

2. Die dreidimensionale Konstruktion ist heute schon Standard ...

... - zumindest was die technischen Möglichkeiten gängiger CAD-Systeme anbelangt. Sind die notwendigen dreidimensionalen Eingaben gemacht, haben die Systeme dem Architekten in Form von diversen Abfallprodukten einiges zu bieten: so gehört das Generieren von Ansichten und Schnitten mittlerweile zum Pflichtprogramm gängiger Architekturpakete. Die Darstellung von perspektivischen (Verdeckte-Linien)- Zeichnungen, fotorealistischen Bilder oder gar Animationen stellt dagegen für viele Architekten auch weiterhin die Kür dar. Aber die häufig als Spielzeug angesehenen bunten Bilder avancieren heutzutage immer häufiger zu einem sehr wirkungsvollen Werkzeug bei der Akquise neuer Aufträge, beim Präsentieren von Entwürfen oder zur Verkaufsunterstützung von beispielsweise Eigentumswohnungen; und sie machen auf konstruktive Detailprobleme aufmerksam noch bevor auf der Baustelle geflickt werden müssen. (Bild von Animotion, Achim)

Allerdings ändert sich bei der dreidimensionalen  Projektbearbeitung auch die Arbeitsweise gegenüber der konventionellen Planerstellung in vielfacher Hinsicht - der Planer darf nun nämlich nicht mehr zeichnungsorientiert denken und arbeiten, sondern muß gebäude- oder projektorientiert vorgehen. In Anbetracht der oben genannten Visualisierungsoptionen oder einer angeschlossenen Massenermittlung, können identische Geschosse in einem 3D-CAD-System nicht einfach weggelassen werden, während sie im zweidimensionalen System nur alternativ beschriftet werden müssen. Und konsequent angewendet, sind bei der Konstruktion eines dreidimensionalen Modells zu einem sehr frühen Zeitpunkt bereits Angaben gefragt, die nach konventioneller Arbeitsweise noch lange vernachlässigt werden könnten - gemeint sind zum Beispiel Brüstungs- und Türhöhen, Fußboden und Deckenaufbauten oder lichte Raumhöhen und Trägerquerschnitte. Gerade Büros, in denen Kopfarbeit (Entwerfen, Planen und Managen) und CAD-Eingabe nicht integriert sind, werden sich mit diesem Umdenkprozess schwer tun (dieser Gesichtspunkt wird unten noch einmal betrachtet ).

Niemanden wird es deshalb verwundern, wenn 3D-Systeme lange Zeit nur von den wenigsten CAD-einsetzenden Architekten konsequent genutzt wurden - und immer noch eingesetzt werden? (Architekturbüros sind eben auch Wirtschaftsunternehmen!) Selbst engagierte Protagonisten fragen sich seit Jahren immer wieder, ob die paar genannten "Abfallprodukte", den notwendigen Mehraufwand bei der Eingabe tatsächlich rechtfertigen.

Auf der Suche nach Methoden, die Produktivität und Attraktivität von High-End-Programmen zu steigern, wurden sogenannte "Objekte", also Bauteile, implementiert. Der Einsatz von Objekten kommt sowohl der zweidimensionalen Planerstellung als auch der dreidimensionalen Modellierung zugute und erlaubt eine stärkere Kopplung weiterführender Anwendungsbereiche an das CAD-System. Objekte werden die Kommunikation zwischen allen am Bau beteiligten Parteien revolutionieren. Damit wiederum rücken Möglichkeiten wie eine sinnvolle computergestützte Massenermittlungen, Wärmebedarfs- und Schallschutzberechnungen oder Facility Management-Anwendungen auf der Basis von CAD-Daten in greifbare Nähe.

3. Frischer Wind durch die Einführung von bauteilbezogenen Objekten

Der Unterschied zwischen einfachen 3D-Elementen und architekturspezifischen Objekten ist einfach zu erklären: In einem klassischen CAD-System werden Wände in der Regel in Form von zwei oder mehr Linien (2D) bzw. Polygonen oder einer Platte (3D) abgebildet - genauso wie Decken oder Dachflächen. Wandtypische Eigenarten wie Beschaffenheit, Wandanschlüsse, Wandaufbauten, konstruktive, statische oder bauphysikalische Regeln haben jedoch in der allgemeinen 3D-Struktur keinen Platz. Ist die Wand aber ein Objekt, dann können ergänzende Beschreibungen sowie Planungs- und Realisierungs-Regeln hinterlegt und bei Manipulationen berücksichtigt werden.

Mit dieser Technik sind dann auch Automatismen möglich, die zum Beispiel eine bestehende Ziegelwand im CAD-System aufbrechen, wenn sie von einer Stahlbetonwand gekreuzt wird. Oder anders herum: werden später beispielsweise alle Stahlbetonwände in leichte Gipskartonwänden umgewandelt (warum auch immer!?), dann können zumindest theoretisch alle kreuzenden Ziegelwände automatisch geschlossen und die Gipskartonwände dementsprechend aufgebrochen werden. Dabei muß sich der Anwender darüber im Klaren sein, daß ein objektorientiertes CAD-Programm zwar prinzipiell über die hier beschriebenen Funktionen verfügen könnte - diese müssen aber keineswegs tatsächlich implementiert sein. Noch ein weiteres Beispiel, das die Leistungsfähigkeit von Objekten näher erläutert: eine als Objekt erstellte Treppe könnte immer automatisch das richtige Steigungsverhältnis ermitteln, notwendige Podeste einbauen, die Verziehungsregeln berücksichtigen, beim Erreichen einer Mindest-Kopfhöhe die Generierung eines Treppenloches veranlassen und auch ein kindgerechtes Geländer nicht vergessen. Und wenn sich dann die Geschoßhöhe ändert oder der Antritt verlegt werden muß, wird das Objekt "Treppe" darauf zu reagieren wissen – sofern es entsprechend programmiert wurde.
 


 

4. Auch komplexe Objekte werden im System als ein einziges Element behandelt

klassisches CAD:
Bauteile bestehen
aus vielen einzelnen
Elementen
objektorientiertes CAD:
Bauteile bestehen aus jeweils
einem Element und
angeschlossene Objekte
(z.B. Wände) können
auf sie reagieren

In der grafischen Anwendung fallen Objekte zunächst dadurch auf, daß sie sich am Bildschirm zwar aus vielen Elementen zusammensetzen, im System selbst aber nur als EIN Element behandelt werden - sich also als ein OBJEKT löschen, kopieren, bewegen, verziehen oder spiegeln lassen. Wie am Beispiel der Wand dargestellt, müssen Objekte aber nicht nur auf direkte Aktionen reagieren, sondern können sich auch dem Zustand des CAD-Systems anpassen. So orientiert sich die Detaillierungstiefe selbständig an dem Darstellungsmaßstab - am dem aktuellen oder fürs Plotten einzustellenden. Weiterhin können beispielsweise die unterschiedlichen Regeln, die es für die Darstellung von kombinierten Dreh-/Kippfenstern in Grundrissen, Schnitten, Ansichten oder Perspektiven gibt, ohne zusätzliche Eingaben automatisch berücksichtigt werden. Eventuelle Oberflächenbeschreibungen kommen darüber hinaus auch bei fotorealistischen Bildberechnungen oder Animationen zum Einsatz.

Da Objekte die Zeichnungsinhalte für ein CAD-System transparent machen, lassen sich in objektorientierten Programmen Such- und Änderungsfunktionen realisieren, die in gleicher Form bislang nur bei Text- oder Datenbankprogrammen bekannt sind. So ist es etwa möglich, Objekte nach Kriterien wie Größe, Beschaffenheit oder Hersteller zu selektieren und dann gezielt auszutauschen, also beispielsweise alle einflügeligen Holzfenster ab einer Breite von 1,01 Meter gegen zweiflügelige Kunststoffenster. Dies läßt sich auch in modernen CAD-Systemen realisieren, weil diese mit Datenbanken arbeiten, in denen die verschiedensten objektspezifischen Zusatzinformationen hinterlegt sind beziehungsweise sich ansammeln können. Dadurch kann in Zukunft ein ursprünglich als CAD-Element konzipiertes Objekt zusätzlich auch von Kalkulations- oder AVA-Programmen weiterverarbeitet werden. Mehr noch, die Geometrie eines Objektes läßt sich in der Kalkulationstabelle oder im AVA-Programm modifizieren und diese Änderung wird umgekehrt wieder im CAD-Programm angezeigt.

Beispiel für eine Auswertung von Wänden
( Funktion "Auswertung" von SPIRIT)
 


  5. Die Topologie definiert die Beziehung der Objekte untereinander

Die Etablierung von Objekten wird durch die Berücksichtigung topologischer Gesichtspunkte noch unterstützt. Danach werden Objekte nicht mehr als einzelne Elemente betrachtet, sondern gehen untereinander Beziehungen ein. Sie können dadurch auf Manipulationen an ihren Partner-Objekten reagieren. Ein Fenster wird beispielsweise automatisch bewegt, gedreht oder gelöscht, wenn die entsprechende Wand bewegt, gedreht oder gelöscht wird. Dabei können Objekte an markanten Punkten verankert werden, so daß beispielsweise gewährleistet ist, daß eine Tür immer im Abstand von 75 Zentimetern von der Wandecke entfernt liegt - egal wann und wie die maßgeblichen Wände noch manipuliert werden. Anschlußwände korrigieren sich, wenn eine Wand verschoben oder ihre Dicke verändert wird und Giebelwände werden an jede neue Dachform automatisch angepaßt. Und Räume - übrigens ein sehr wichtiges Objekt - wissen schließlich, durch welche Wände sie begrenzt werden und welche anderen Räume an sie angrenzen.

Objekte und Topologien sind bei CAD-Systemen prinzipiell allerdings gar nicht so neu; zumindest die Objekt-Technologie wird in Ansätzen von den großen Anbietern der Branche bereits seit Jahren in ihren Applikationen eingesetzt. Viele CAD-Anwender ignorieren dies jedoch - vielleicht deshalb, weil sie befürchten, daß der Abstraktionsgrad von Objekten noch höher ist, als der von puren 3D-Elementen? Zugegeben - Objekte sind nicht immer so flexibel zu handhaben wie simple Strichzeichnungen. So kann die Linie eines Wandobjektes nicht einfach unterbrochen werden, um etwa einen Schornstein einzubauen. Genauso wenig läßt sich eine Innenwandecke mal eben abrunden, weil dadurch eine Wendeltreppe besser passen würde. Für solche Probleme finden sich aber von Fall zu Fall geeignete Lösungswege, sofern die AEC-Funktionen (Architectural and Engineering Computing) auf einer soliden CAD-Basis aufsetzen. Wie bereits erwähnt () argumentieren viele Architekten gegen die dreidimensionale Projektbearbeitung (und auch objektorientierte), indem sie auf fehlende Detail-Informationen in der Frühphase der Planung hinweisen. Dem ist auch weiterhin nicht zu widersprechen – sofern man die Planung "konventionell" angeht. Denkt man aber um und nutzt objektorientierte CAD-Funktionen aus, dann kann die Eingabe der vieler Bauteil-Parameter sogar auf später als üblich verschoben werden (... auch viele Angaben, die auf jeden Fall für einen zweidimensionalen Plan benötigt werden, müssen nun nicht mehr sofort eingegeben werden!) Und wenn die Werte schließlich vorliegen, unterstützt ein objektorientiertes System den Anwender mit datenbankgestützten Editier-Möglichkeiten, wie man es in einem konventionellen CAD-Umfeld gar nicht kennt. Damit ist es nämlich möglich,

  • beispielsweise alle Innentüren in nichttragenden Wänden auf 2 Meter 26 festzusetzen,
  • alle Brüstungshöhen um 25 cm zu verringern oder
  • oder alle Fenster mit einer bestimmten Breite ändern (auch 100 auf einen Schlag, was klassisches CAD nicht kann),....

... und natürlich werden vom objektorientierten System sofort auch alle korrelierenden Angaben in den Maßketten (incl. Öffnungs- und Brüstungshöhe) korrigiert; und die werden auch in einem Grundriß benötigt – egal ob zwei- oder dreidimensional geplant.

objektorientierte Bauteile können sich selbständig
auf den aktuellen Darstellungs- oder Plottmaßstab einstellen..
 


  6. Objekte stellen die Basis für eine perfekte Interoperabilität dar

Immer schwerer wiegen Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem Datenaustausch ergeben können. In der Regel beschränken sich die Anwender heutzutage auf die Übertragung von Daten im DXF-Format, das allerdings Objekte nicht kennt und wahrscheinlich auch nicht mehr kennen lernen wird. Selbst wenn der Architekt sein Projekt objektorientiert aufgebaut haben sollte, verwässert sich dieses spätestens beim Austausch der Daten mit dem Statiker oder einem anderen Fachingenieur - wenn nicht sogar alle Objekte gänzlich verloren gehen. Um diesen Mißstand zu verbessern, haben sich unter anderem weltweit maßgebliche Software-Entwickler (CAD und AVA), die Bauindustrie (beispielsweise Philipp Holzmann) und Banken (Bayrische Vereinsbank, Dresdner Bank und andere) in der IAI (Industrie Allianz für Interoperabilität e.V.) zusammengetan, um auf der Basis von Objekten für eine neue Datenaustausch-Qualität zu sorgen. Die IFC-Schnittstelle der IAI wird die Zusammenarbeit zwischen allen an der Gebäudeplanung und -ausführung beteiligten Partnern so signifikant verbessern, daß zumindest große Bauherren sehr bald auf eine IAI-konforme Planung bestehen können. Verstärkt wird diese Entwicklung vom Telekommunikations-Boom, der den Datenaustausch noch einmal beschleunigt. Via Internet werden in naher Zukunft Architekten, Fachingenieure und Bauherren - sogar über Landesgrenzen hinweg - knifflige Punkte zeitgleich am Telefon und an ihren Computern diskutieren können (siehe auch "IAI / IFC-Basisartikel: Der Turmbau zu Babylon am Ende des 20. Jahrhunderts").

7. Bauplanung wird ohne Einsatz von Computern nicht mehr möglich sein

Konnten sich elitäre Architekturbüros bislang noch um die Einführung üblicher CAD-Systeme drücken, weil sich vergleichbare Resultate auch manuell herstellen ließen, so werden in Zukunft Planungs-Partner und Bauherren vom Architekten Daten abverlangen, die ohne Computereinsatz nicht mehr lieferbar sind. Objekte, IFC-Schnittstelle und Telekommunikation sind die Kriterien, die in Zukunft Maßstäbe setzen, an denen das CAD- beziehungsweise AEC-Angebot einerseits und die Planer andererseits gemessen werden. Zumindest auf Herstellerseite wurde die Situation erkannt und dementsprechend gehandelt. Auf Anwenderseite sieht die Situation allerdings noch etwas anders aus.

Es gibt eine Faustregel, nach der 80 Prozent der Computer-Anwender nur 20 Prozent der Möglichkeiten wahrnehmen, die ihnen ihr System zur Verfügung stellt - die Fähigkeiten der Rechner-Lösungen verpuffen also an vielen Stellen. Der konsequente Einsatz des technisch Machbaren im bauspezifischen CAD-Bereich kann jedoch viele Standardaufgaben im Planungsbüro entscheidend erleichtern, etwa die Ermittlung von Wohnflächen und Rauminhalten, die Massenermittlung oder die Projekt-Dokumentation. Wenn der Planer mit der rasanten Entwicklung im EDV-Bereich mithalten kann und einmal erfaßte Daten mehrfach nutzt, werden sich ihm zudem völlig neue Betätigungsfelder eröffnen. So stehen beispielsweise sofort sämtliche Daten zur Verfügung, die für das Facility Management / Gebäudeverwaltung benötigt werden - so daß der Architekt dieses Anwendungsgebiet als Dienstleister vollständig übernehmen könnte. Oder er läßt sich lediglich vom Computer verschiedene Planungs- und/oder Darstellungsalternativen auswerfen:

oruckzuk erstellt: Ausführungs- und Darstellungsalternativen
 

Mit diesem Ausblick auf die bereits begonnene (R)Evolution des CAD/AEC-Einsatzes im Architekturbüro soll nicht der Wert von "simplen" 2D- und 3D-Funktionen geschmälert werden – schon gar nicht soll einer gewissen Technikeuphorie Vorschub geleistet werden. Bei aller Leistungsfähigkeit kann doch mit Objekten nur solche Architektur modelliert und dargestellt werden, die das Softwarehaus vorgedacht und seinen Objekten eingebaut hat. Wenn beispielsweise das Objekt "Fenster" nur für quadratische, rechteckige, runde und halbrunde Öffnungen angelegt wurde, dann müßte man bei gotischen Spitzbögen passen – sofern man nicht auf allgemeine Modellierfunktionen zurück greifen kann. Damit also auch in Zukunft Bauwerke durch den Architekten geprägt werden und nicht die Eigentümlichkeiten der Planungssoftware die Gebäude unterscheidbar machen ("Schau mal, das Haus wurde bestimmt mit "X" geplant und jenes mit "Y"), werden die simplen zwei- und dreidimensionalen Elemente und Funktionen auch weiterhin benötigt. Für die Beurteilung eines AEC-/CAD-Systems spielen sie auch weiterhin eine entscheidende Rolle.

Auf die gute Mischung von leistungsstarken Basisfunktionen, neuer (Objekt-)Technologie UND den elektronischen Datenaustausch zwischen allen am Bau beteiligten Gruppen wird es in Zukunft ankommen.

PS: Es soll noch einmal betont werden, daß die hier beschriebenen Funktionen - z.B. die selbständige Einstellung auf den jeweiligen Maßstab (siehe letztes Bild) - mit Hilfe von Objekten technisch realisierbar sind. Ob und in welchem Umfang diese Möglichkeiten von dem jeweiligen Programm umgesetzt wurden, muß von Fall zu Fall geprüft werden.
 

  

© Alfons Oebbeke, Neustadt 1997 - 2001
  
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