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Bay. Ingenieurekammer Bau: Bachelor führt
Bauingenieure auf den Holzweg
(12.8.2000) Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau kritisiert, daß weiterhin irrige
Annahmen die Diskussion um die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen im
Bauingenieurwesen beherrschen. Das Ziel der Internationalisierung des Bauingenieurstudiums
wird vielfach von den Protagonisten von Bachelor und Master einseitig auf dessen
Amerikanisierung verkürzt. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau sieht diejenigen auf dem
Holzweg, die ausschließlich angloamerikanische Grade als international gebräuchlich
erachten. Der Glaube an den Bachelor-Grad als berufsbefähigendem Abschluß wird nach
Ansicht von Kammerpräsident Prof. Dipl.-Ing. Karl Kling, spätestens dann Schaden nehmen,
wenn der Arbeitsmarkt die ersten Absolventen zurückweist.
Der Absicht, das Studium an Fachhochschulen und Universitäten für ausländische
Studenten attraktiver zu gestalten und die Anerkennung deutscher Hochschulabschlüsse im
Ausland zu fördern, soll die Einführung internationaler Studiengänge dienen. Als
Pferdefuß dieses im Grundsatz durchaus begrüßenswerten Ansatzes erweist sich jedoch das
Verfahren.
Kopiert die deutsche die amerikanische Universität, wird sie sich immer am amerikanischen
Original messen müssen. Wenn amerikanische Universitätsgrade als alleiniger Ausweis der
angestrebten Internationalität gelten, werden zwangsläufig deutsche Universitäten immer
nur als amerikanischer Verschnitt angesehen werden.
Der Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen ist damit nicht gedient. Im Gegenteil: Die
Einführung dieser Studiengänge droht die auf europäischer Ebene hergestellte Einigung
in Frage zu stellen. Der Rahmen der EG-Diplomrichtlinie könnte gesprengt werden.
Bedenklich, denn derzeit ist die europaweite Anerkennung der deutschen
Bauingenieur-Diplome gewährleistet.
Wie bei der Geschichte und dem Charakter der Universitäten in diesen Ländern nicht
anders möglich, bilden die akademischen Grade der britischen, australischen und der
amerikanischen Universitäten eine große Vielfalt. Schon in den USA gilt, daß die
Studienabschlüsse zwischen den einzelnen Bundesstaaten und auch zwischen den einzelnen
Hochschulen nicht vergleichbar sind. Daher wird dem "degree" immer der Name der
Universität, an der er erworben wurde, als Zusatz angefügt. Unter diesen Bedingungen
scheint die internationale Akzeptanz und Vergleichbarkeit deutscher Bachelor- und
Masterstudiengänge höchst zweifelhaft.
Die Advokaten der Einführung eines angloamerikanischen Graduierungssystems müssen
sich fragen lassen, welchen Bachelor sie meinen - den englischen Bachelor, der in der Tat
ein berufsbefähigender Abschluß ist, oder den amerikanischen Bachelor, der überwiegend
den Abschluß einer höheren Allgemeinbildung mit einer fachlichen Grundausbildung
kombiniert. Für eine "Bachelor-Schmalspurausbildung" im Bauingenieurwesen sieht
die Bayerische IngenieurekammerBau an deutschen Fachhochschulen und technischen
Universitäten keinen Platz. Die Ausbildung muß so gestaltet sein, daß die Absolventen
nach der vorgeschriebenen Praxiszeit bauvorlageberechtigt sind.
Das Äquivalent der naturwissenschaftlichen Diplome ist zweifelsfrei der Master. Für
das Bauingenieurstudium gibt es bereits eine sinnvolle Unterscheidung zwischen der
stärker theorieorientierten Ausbildung der Universitäten und der stärker
praxisorientierten Ausbildung der Fachhochschulen. Auf dem Gebiet der wechselseitigen
Durchlässigkeit und Zusammenarbeit kann Deutschland tatsächlich vom britischen und
amerikanischen Bildungswesen lernen. Eine notwendige Reform darf aber nicht als
Abbruchunternehmen betrieben werden.
Der Reformwille darf nicht dazu führen, die bisherigen Leistungen und die
nachgewiesene Qualität des deutschen Bauingenieurstudiums zu diskreditieren. Die
Forderung, jetzt sollten Diplomstudiengänge durch Bachelor-/Master-Studiengänge ersetzt
werden ist deshalb abwegig. Ein mit Sicherheit falscher Weg, den die deutschen Hochschulen
bald bereuen würden. Deutschland ist kein akademisches Entwicklungsland. Daher muß
Deutschland auf der Grundlage erprobter Reformmodelle und mit Augenmaß das Studien- und
Graduierungssystem erneuern. |